Glaube, Einheit und Disziplin

Plinio Corrêa de Oliveira

 Legionário Nr. 800, 12.07.1947

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Für unsere Leser, die sich an das lebhafte Interesse und die tiefe Besorgnis erinnern, mit denen wir die Entwicklung der liturgischen Frage in der katholischen Welt verfolgt haben, ist die Ergriffenheit, bestehend aus Verehrung und Jubel, mit der wir das entscheidende Urteil begrüßten, das der Papst über den Liturgizismus ausgesprochen hat in der Fortsetzung der Lehren der Enzyklika Mistici Corporis Christi.

Glücklicherweise sind diese Gefühle nicht nur unsere, sondern die aller wahren Gläubigen, die sich erfreuen in der Lektüre die Enzyklika Mediator Dei und feststellen, dass der spirituelle Wert der Praktiken und Frömmigkeitshandlungen, denen sie in einer jahrhundertealten Tradition anhingen, niemals in Frage gestellt wurden, heute in neuem Glanz erstrahlt: die Meditation, die Gewissenserforschung, die Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, die Novenen zur Heiligen Jungfrau und zum Heiligen Herzen Jesu, die nie zu viel gelobten Exerzitien nach dem Heiligen Ignatius von Loyola schweben über jeder Kritik oder Anfechtung, da sie vom Stellvertreter Christi als Frömmigkeitspraktiken hervorgehoben wurden, die immer aktuell, immer fruchtbar und zutiefst im Einklang mit der orthodoxen Lehre stehen, an der sich die gläubigen Menschen mit religiöser Hartnäckigkeit anhängen müssen.

Wie wir in diesem Blatt unzählige Male geschrieben haben, bestand einer der gravierendsten Nachteile des Liturgizismus, der in mehreren Ländern auftauchte, darin, dass er durch seine Exzesse eine von der Vorsehung bestimmte liturgische Wiederbelebung gefährdete, die in Frankreich aus dem apostolischen Herzen von Dom Guéranger hervorging, unterstützt und angeregt wurde von der mutigen Strömung der „Ultramontanen“, an deren Spitze Louis Veuillot stand, die von allen Menschen mit wahrhaft katholischem Sinn begehrt und bejubelt wurde.

Tatsächlich fanden bestimmte schüchterne und rückschrittliche Geister, die jeder Veränderung, auch wenn sie zum Guten war, abgeneigt waren, in den Auswüchsen des Liturgizismus einen Vorwand, um jede gesunde Bemühung zugunsten einer liturgischen Wiederbelebung in Frage zu stellen. Wie kann man einen solchen Exzess legitimieren, der aus dem Wunsch entsteht, andere zurückzuhalten? Wie kann man sich keine gesunde liturgische Bewegung wünschen, die darauf abzielt, die Liebe der Gläubigen zur Heiligen Liturgie neu zu entfachen? Kein Geist, der darauf bedacht ist, die Linie des heiligen Gleichgewichts aufrechtzuerhalten, könnte dies begrüßen. Wie wir 1943 schrieben, gerät die Herabwürdigung der Liturgie, die die Stimme der betenden Kirche ist, „bestenfalls unter den Verdacht der Häresie“. Und wir fügten hinzu, dass es absurd ist, zu verstehen, dass „die Bemühungen um ein tieferes Verständnis der Liturgie und ihrer genauen Verortung im geistlichen Leben der Gläubigen Unannehmlichkeiten mit sich bringen können“. Daher sei es notwendig, „sich von jeglicher Zensur verdienstvoller Bemühungen fernzuhalten, die mit der lobenswerten Absicht unternommen werden, die Frömmigkeit rund um die Heilige Liturgie zu steigern“, und zu vermeiden, dass vernünftige Liturgie mit dem Fehler verwechselt wird, den der ausgezeichneten Theologe, Pater J. M. Penido, in seinem Buch über die Enzyklika Mistici Corporis Christi Liturgizismus nennt. Diese Verwirrung wäre eine Gefahr.

Angesichts dieser Gefahr befreite Pius XII. die Liturgie von den Hindernissen, in die die Kühnheit des Liturgizismus sie verwickelt hatte. Papst Pius XII. tröstet die Schüchternheit, vielleicht auch die Vorsicht vieler, die in eine solchen Durcheinander, aus erklärbaren Gründen nicht die Spreu vom Weizen unterscheiden konnten und er erklärt allen was Irrtum und was Wahrheit ist und rettet, leitet und führt er selbst die Wiedergeburt eines wahrhaftigen katholischen liturgischen Geistes. Tatsächlich lässt sich bereits erkennen, dass das große Werk der Enzyklika Mediator Dei darin besteht, den wahren Geist der Liturgie von den falschen Lehren zu unterscheiden, in denen mit der List der sibyllinischen Sprache das schädliche Gift moderner theologisch-philosophischer Strömungen steckt, unter die Gläubigen eingeschleust.

Die Veröffentlichung der Enzyklika Mediator Dei ist daher für uns alle ein Grund zu heiliger und mitreißender Freude.

Wir sollten jedoch in der Mediator Dei nicht nur ein Lehrdokument sehen. Sie gibt uns auch ein großartiges und edles Beispiel der Nächstenliebe. In dieser Enzyklika herrscht eine Ausgewogenheit, die wir alle zur Kenntnis nehmen sollten. Es ist ein Gleichgewicht in der Art des Wohlwollens.

Die erste Pflicht der Nächstenliebe besteht darin, der Wahrheit zu dienen. Deshalb verkündet Pius XII. die wahre Lehre, weist auf Irrtümer hin, widerlegt und verwirrt sie. Dies ist eindeutig das ultimative Ziel dieses wichtigen und umfangreichen Dokuments. Darin liegt ein unschätzbarer Akt der Nächstenliebe. Nächstenliebe gegenüber denen, die in der Wahrheit sind und sich durch das Wort des Papstes bestätigt, vielleicht sogar vor unfairen Angriffen geschützt fühlen. Barmherzigkeit gegenüber denen, die im Irrtum sind, denn denen, die im Irrtum sind, kann kein größerer Nutzen zuteil werden, als sie aus dem Irrtum zu befreien, in dem sie begraben liegen. Nachdem Pius XII. so die Wahrheit definiert hat, um die sich alle vereinen müssen, betont er die Verpflichtung zur Liebe, die allen Kindern der Wahrheit obliegt.

Die bewundernswerte Lektion der Nächstenliebe, die uns zeigt, dass wir vor allem die Kirche und ihre Lehre lieben müssen, und dann die Menschen, die durch das Blut Christi erlöst worden sind, solange dies der Wahrheit und dem Glauben nicht schadet.

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Die Polemik hat etwas mit einer Chirurgie gemeinsam: sie ist niemals etwas Gutes, sondern bestenfalls ein notwendiges Übel. Aus diesem Grund sollte sie nur geschehen, wenn es unabdingbar ist, und die Liebe zu einer Polemik an sich aus dem bloßen Vergnügen, darüber zu diskutieren, ist ebenso irrational und lieblos wie die Liebe zu einer Operation an sich, nur um das Vergnügen zu haben, einen Körper zu schneiden und zu zerlegen.

Wir freuen uns daher über eines der wertvollsten Ergebnisse, die von dieser Enzyklika erwartet werden können. Wenn sie von allen im Geiste aufrichtiger und absoluter Unterwerfung angenommen wird, wird es jeden Geist offensichtlicher oder latenter Zwietracht auf der ganzen Welt wie durch ein Zauber verschwinden lassen. Es bleibt allen wahren Katholiken überlassen, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken und bereit zu sein, mit mehr Enthusiasmus als je zuvor, vereint und in kindlichem Gehorsam gegenüber ihren Bischöfen und dem Papst, für die Errichtung des Reiches Christi und Mariens zu arbeiten: UT ADVENIAT REGNUM CHRISTI, ADVENIAT REGNUM MARIAE.

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Aus dem Portugiesischen „Glaube, Einheit und Disziplin“ Legionário vom 7. Dezember 1947

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„Glaube, Einheit und Disziplin“ erschien erstmals in deutscher Sprache in  www.p-c-o.blogspot.com

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