Plinio Corrêa de Oliveira
Die Schmerzensreiche Gottesmutter und die Schmerzen der Kirche heute
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Zum Thema Schmerzen Mariens gäbe es viele Kommentare, denn der Schmerz ist ja eines der Höhepunkte im Leben Mariens. Man könnte sagen, so wie die Passion Unseres Herrn in der Erfüllung Seines Erlösungswerkes der Höhepunkt Seines Lebens darstellte, so war auch für Maria, in Ihrer Eigenschaft als Miterlöserin, das Mit-Leiden mit Jesus während der Passion der Höhepunkt Ihres Lebens. In diesem Zusammenhang werden wir einiges über die Schmerzen der Heiligen Katholischen Kirche betrachten.
Alles, was wir von und über Jesus und Maria sagen, können wir auch von der Kirche sagen. Wir können also behaupten, dass Jesus in Seiner Passion für alle Schicksalsschläge, die die Heilige Kirche im Laufe der Jahrhunderte trafen, gelitten hat. Er sah die gegenwärtige Krise der Kirche, Er kannte den erbärmlichen Zustand der Kirche heute; und dieser Zustand entriss Ihm viel stöhnen, verursachten viele Schmerzen, und Er sah die relative Vergeblichkeit Seines vergossenen Blutes. Viele Menschen würden nämlich die Erlösung, die Er ihnen bringen wollte, verschmähen. Eine große Zahl Menschen würde sich in die Hölle stürzen; eine große Zahl Menschen würde, in unserer Zeit, eines der kostbarsten Früchte Seines Erlöserleidens und -sterbens vernichten wollen: Die Heilige Katholische Kirche. Und sie würden sie auf die schlimmste Weise vernichten wollen: Von Innen her. Das heißt, Hände von Freunden, Hände von Kindern, Hände von Priestern nehmen es auf sich, das zu tun, was der schlimmsten Ruchlosigkeit im Laufe von Jahrhunderten nicht gelungen ist. Diesen Schmerz der Kirche sah Jesus von der Höhe des Kreuzes. Dieser Schmerz entriss Ihm viel Stöhnen und Ächzen. Maria nahm von all dem auch Kenntnis, Sie sah auch alles, und Ihr Zustand wird sehr deutlich dargestellt in den sieben Schwertern, die Ihre Seele durchdringen. Die Gottesmutter litt um diesen Zustand. Warum litten beide, Jesus und Maria, im Hinblick auf die Kirche? Sie litten, weil das Meisterwerk Gottes in der Ordnung der Gnade, nicht die Einsetzung der Eucharistie oder die Einsetzung dieses oder jenes Sakraments war, sondern die Gründung der Katholischen Kirche, denn sie ist der Schrein, in dem all diese Juwelen enthalten sind. Auch die Unfehlbarkeit der Kirche ist eines dieser Juwelen in diesem Schrein, der die Katholische Kirche ist. Unter diesen Umständen bedeutet die Absicht, die Katholische Kirche zu zerstören, das feindseligste, abscheulichste und höchst teuflischste Unternehmen gegen das Werk der Erlösung. Und das schlimmste ist, zu merken, dass der Ruchlosigkeit bewusst wurde, dass dieses Werk der Zerstörung nur durch geweihte Hände durchgeführt werden kann. Es sind die Machenschaften einer Verschwörung geweihter Hände, um dieses Werk zu vollbringen. Davon zeugt die Unterwanderung der Seminare, die Unterwanderung der höchsten Grade der Hierarchie. Diese Verschwörung wurde übrigens von einem heiligen Papst enthüllt, – der hl. Papst Pius X., der annehmbar nicht eines natürlichen Todes gestorben ist –, doch die Verschwörung ging und geht weiter und kommt wie eine steigende Flut bis zum heutigen Stand der Dinge. Es ist die Wiederholung des Gottesmordes. Man will im Rahmen des Möglichen Gott nochmals töten, indem man den Mystischen Leib Christi zerstören will, und das, wie der hl. Pis X. in seine Enzyklika „Pascendi Dominici gregis“ schreibt, mittels einer internen Verschwörung, bei der geweihte Hände mit am Werk sind. Teuflischer könnte dieses Vorhaben nicht sein. Nach der Erlösung hätte man nichts Teuflischeres in Gang bringen können als das, und dieser Versuch könnte eigentlich nicht weiter gehen, als zu dem Punkt, zu dem er heute gekommen ist.
Wir können also sagen, dass, nach dem Tod Unseres Herrn Jesus Christus und nach dem Sieg, den der Teufel – unter gewissen Aspekten – mit dem Tod Christi errungen hat, wir den größten Sieg Satans seither miterleben. Ein Triumph, der schon eine Vorhersage und Vorschau seines Triumphes vor dem Ende der Zeiten ist. So wie die Muttergottes wegen all dem gelitten hat, müssen auch wir mit Ihr leiden. Am Gedenktag Ihrer Schmerzen, den die Kirche in der Nähe der Passionstage gelegt hat, um uns auf das Leiden und Sterben Unseres Herrn vorzubereiten, sollten wir die Muttergottes um folgendes bitten: Wir alle sind ständig in Gefahr uns ausschließlich um die Sorgen und Kleinigkeiten unseres täglichen Lebens zu kümmern, wenn diese auch der Aufrechterhaltung unserer kleinen Werke im Apostolat gewidmet sind. Jeder baut sich damit sein kleines persönliches Leben auf: Man organisiert den Tagesablauf, dieser ist immer gut ausgefüllt, alles dreht sich um die eigenen Interessen. Doch es fehlt der Blick auf den Hintergrund und wir verlieren die Sicht dessen, was wichtiger ist. Das Wichtigste für mein Leben als Katholik ist nicht, was ich heute oder morgen tun werde, sondern im Geiste die Passion, die die Heilige Katholische Kirche leidet, begleiten. Das Wichtigste ist, den ganzen Tag zu bluten mit dem Gedanken an die undenkbare und unheimliche Gewalt, die der Kirche angetan wird. Den ganzen Tag muss der Hintergrund unserer Tätigkeiten sein: Tun, beten, leiden für die Kirche, mit ihr leiden. Alles, was ich mache und tue, Kleines wie Großes, sollen letztendlich meiner Mutter, der Kirche helfen und trösten in ihrem Schmerz. Deshalb soll an diesem Gedenktag Ihrer Schmerzen, die Muttergottes uns diese Bitte nahelegen, die Sie über Jahrhunderte und in allen Ländern zu den an Ihr vorübergehenden spricht: „O Ihr alle, die Ihr des Weges zieht, haltet und seht, ob ein Schmerz sei ähnlich meinem Schmerz!“ Und verstehen, das nicht die Gottesmutter so zu uns spricht, sondern die Katholische Kirche. Es gibt in der heutigen Welt nichts, was so verachtet, so verraten, so verfolgt, von so viel Hass getroffen wird, wie die Katholische Kirche. Es ist die Kirche, die uns heute zuruft: „O Ihr alle, die Ihr des Weges zieht, haltet und seht, ob ein Schmerz sei ähnlich meinem Schmerz!“ Wahrlich gibt es heutzutage keinen größeren Schmerz, als den der Heiligen Kirche. Selbst die Marter der Zeit des Protestantismus, in den Tagen der Französischen Revolution, zur Zeit des Falls von Byzanz, der Völkerwanderung, der Christenverfolgung im römischen Reich oder was auch immer, haben keinen Vergleichswert mit dem Schmerz, den die Kirche heute leidet. Zur Vorbereitung auf das Gedenken an die Schmerzen Mariens und auf das Leiden Christi, denken wir intensiv an die Kirche und verinnerlichen wir, wie in der Kirche sich die Passion Jesu Christi wiederholt. Wie machen wir das? Halten wir inne. Stellen wir diese ständige, verzehrende Geschäftigkeit mit uns selbst ein, „halten und sehen, ob ein Schmerz sei ähnlich“ dem Schmerz der Katholischen Kirche. Bitten wir die Muttergottes, Ihr Schwert des Schmerzens möge unsere Herzen durchdringen. Die Schmerzensschwerter der Gottesmutter müssen unsere Seele durchdringen, damit wir mit der Kirche in diesen schrecklichen Tagen leiden können. Also dann, „haltet und seht, haltet und betrachtet, erwägt und prüfet, ob es einen Schmerz gibt gleich meinem Schmerz“, ist die Einladung dieses Fests der Schmerzen Mariens und dieser wirklich kreuzigende Karwoche, die uns bevorsteht. (*) Dieser Text ist übernommen aus einem informellen Vortrag von Professor Plinio Corrêa de Oliveira, den er am 7. April 1965 hielt. Er wurde frei übersetzt und angepasst für die Veröffentlichung ohne seine Überarbeitung. Plinio Corrêa de Oliveira zum 100. Geburtstag |