Plinio Corrêa de Oliveira
Fatima
Freie Übersetzung des Artikels in der Wochenzeitung “O Legionário“ Nr. 687, vom 7. Oktober 1945 |
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In der Zeit des Säkularismus, in der wir leben, wird die historische Mission Portugals gewöhnlich von einem rein weltlichen Standpunkt aus betrachtet. Der Navigationszyklus wird größtenteils nur in seinen wirtschaftlichen und politischen Ergebnissen geschätzt. Nichts oder fast nichts hat es gebracht, dass Historiker höheren Karats etwas ganz anderes dargelegt haben. Es häufen sich die Beweise, dass der Hauptgrund, der das portugiesische Gemüt zum Abenteuer der Navigationen bewegte, ein apostolischer war: die Bezwinger der Ozeane, die das winzige Portugal hinaus auf die weiten Meere sandte, taten es mit dem Geist der Kreuzfahrer und nicht als Hausierer. Für die gegenwärtige, im Sinn des Laizismus manipulierte und deformierte Geschichte, wird der Ruhm Portugals der sakralen und heroischen Pracht der religiösen Ideale beraubt, und auf das glanzlose Verdienst materieller Errungenschaften des bürgerlichen Lebens reduziert.
Das erste heilige Messopfer bei der Entdeckung Brasiliens Nichts davon ändert jedoch die offensichtliche Realität der Fakten. Die treueste Monarchie (wie sie von der Kirche genannt wurde) war im Wesentlichen missionarisch. Brasilien verdankt der missionarischen Tätigkeit der Portugiesen die höchste Gnade der Zugehörigkeit zur Kirche. Und es ist nicht nur Brasilien. Es ist nicht nur Afrika. Jenseits davon, im fernen Osten Indiens und darüber hinaus, in der gelben Welt, war es die portugiesische Missionsarbeit, die auf den portugiesischen Kolonien die Wachvorposten der Religion errichteten, die bis heute in den benachbarten heidnischen Regionen einen lebendigen und fruchtbaren Proselytismus ausstrahlen. Es wäre gut, wenn im Monat der Missionen daran erinnert würde. Brasilien wurde geboren als eine missionarische Errungenschaft Portugals. * * * Diese große missionarische Tätigkeit Portugals, der Zyklus seiner religiösen Heldentaten war mit dem Ende der Navigationen nicht aufgegeben. Vor kurzem hat die Göttliche Vorsehung den Portugiesen eine weitere großartige Missionsarbeit anvertraut. Um sich an die Welt zu richten, wählte die Gottesmutter für ihre Erscheinung einen kleinen Flecken des portugiesischen Bodens. Sie erwählte drei portugiesische Kinder als ihre Verkünder und fixierte in Fátima in Portugal eine unversiegbare Quelle von Wundern und Gnaden, und zog damit die Hoffnungen aller Leidtragenden der Erde nach Portugal. In Fatima offenbarte die Muttergottes eine Botschaft von universalem Charakter. Sie hat nicht nur über Portugal gesprochen. Die ganze zeitgenössische Krise und ihre tiefen Wurzeln in Bosheit und Sünde, die weltumspannenden Kataklysmen, die aus ihr hervorkommen werden, alles weitere, was die gesamte Menschheit betrifft in den derzeitigen schrecklichen Umwälzungen, all dies hat die Muttergottes den drei portugiesischen Hirtenkindern anvertraut, damit die stolze und niedergeschlagene Welt die schreckliche und wunderbare Botschaft von den Lippen dieser Kleinen höre. Es ist unmöglich zu übersehen, dass die Muttergottes dem ehemaligen missionarischen Land eine große historische Aufgabe übertragen hat. Diejenigen, die die Vorboten Christi von gestern waren, haben nun noch einen weiteren Titel: Herolde der Jungfrau. Portugal, die portugiesisch sprechenden Nationen zusammen mit Portugal haben die Aufgabe, allen Völkern, die große religiöse Tatsache des 20. Jahrhunderts, die Erscheinungen von Fatima, zu verkünden. In diesem Missionsmonat (Oktober) feiern wir zwei große Marienfeste: Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz und Unsere Liebe Frau von Fatima. Die innige Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria in Brasilien ist die Frucht einer intensiven Missionsarbeit der Portugiesen. Das Fest von Fatima, das am kommenden 13. gefeiert wird, hat eine ganz besondere Bedeutung für uns. Für Portugal bedeutete die Erscheinung von Fatima, dass die glorreiche Fruchtbarkeit dieser missionarischen Nation die Möglichkeiten ihres Handelns im Dienste der Kirche nicht erschöpft wurden. Für Brasilien erinnern sie in besonderer Weise daran, dass die Zeit gekommen ist, unsererseits für die Ausbreitung des Reiches Christi die Früchte zu bringen, die die unzähligen Gnaden und Gaben, die uns in Fülle gegeben wurden, uns verpflichten, sie der Welt weiterzugeben. Brasilien ist dabei zur ersten Ebene des internationalen Lebens aufzusteigen, gerade in einer Zeit, wo missionarische Anstrengungen notwendiger denn je sind. Es geht nicht nur darum, die Nationen des Ostens zur Herde Jesu Christi zu führen. Es ist im Westen, gerade im Schoß der in Ruinen sich befindenden Christenheit, wo sich das tausendmal schlimmere Heidentum als das alte eingenistet hat. Für das moderne Neu-Heidentum gibt es nicht die so oft angewendete Ausrede, die für das östliche Heidentum vielfach angebracht ist: die Unwissenheit. Im westlichen Heidentum brodelt der Abfall, die Sünde gegen den Heiligen Geist, die vorsätzliche und satanische Liebe zum Irrtum und zum Bösen. Es ist gegen die heutigen Ketzer, die ihren letzten Anstrich von Christentum verloren haben, an denen die Missionsarbeit Brasiliens notwendig wird. In der ausgezeichneten Abhandlung über die wahre Andacht zur allerseligen Jungfrau, des Sel. Grignion von Montfort, wird dieses Flehen oft folgendermaßen ausgesprochen: „Damit zu uns komme dein Reich, möge das Reich Mariens zu uns kommen.“ Brasilien muss im 20. Jahrhundert der große Verkünder der Herrschaft Jesu Christi sein. Damit es seine Mission erfüllen kann, muss es auch dem marianischen Appell von Fatima nachkommen und ein unermüdlicher Prediger der Andacht zur Muttergottes werden. Der Weg zu Christus wird vorbereitet indem man die Muttergottes predigt. Die Marianischen Andachten sind die königlichen Wege, über die man zu unserem Herrn Jesus Christus gelangt. In Fatima empfahl die Muttergottes zwei Andachten auf ganz besondere Weise: Ihnen soll sich Brasilien mit größtem Eifer widmen.
Eine ist das Unbefleckte Herz Mariens. Die andere ist die des Heiligen Rosenkranzes. Wenn Brasilien die große Nation der Kreuzritter und Missionare des zwanzigsten Jahrhunderts sein will, wird es diese Gnade nur durch eine glühende marianische Frömmigkeit erreichen. Und wenn es diese Gnade will, wird es sie mit den Mitteln erbeten, die die Jungfrau selbst angedeutet hat. Also, in dieser Woche, die zwischen den Festen von Fatima und dem Rosenkranz liegt, möge dies das beständigste Objekt unserer Wünsche, unserer Bitten und unserer Meditationen sein.
Plinio Corrêa de Oliveira zum 100. Geburtstag |